FAIR-Strickt - Wer bezahlt den Preis der Mode?

Bild: Volker Rettitke

Im Rahmen der FairStrickt-Aktionswoche zum Thema Faire Mode in Tübingen diskutierten am Donnerstag, 02. Mai 2019, Staatsministerin Annette Widmann-Mauz, Thomas Seibert von medico international und Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh über unternehmerische Sorgfaltspflichten in der textilen Lieferkette.

Zu Beginn der Podiumsdiskussion sprach Saeeda Khatoon, gelesen von Sarah Kentner, zum Publikum. Saeeda Khatoon verlor 2012 ihren Sohn Ejaz beim Brand in der Textilfabrik Ali Enterprises in Karatschi (Pakistan) und hat mit anderen Hinterbliebenen eine Organisation gegründet, die dafür kämpft, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Größter Kunde von Ali Enterprises war der deutsche Textildiscounter KiK, den Saeeda Khatoon und ihre Mitstreiter*innen im November 2018 vor dem Landgericht Dortmund anklagten. Erstmals wurde damit ein deutsches Unternehmen wegen Menschenrechtsverletzungen im Ausland vor einem deutschen Gericht angeklagt. Thomas Seibert von medico international betonte daher auch zu Beginn der Diskussion, dass der Prozess die Debatte um unternehmerische Sorgfaltspflichten und Konzernverantwortung wesentlich vorangebracht habe – auch wenn die Klage letztlich abgewiesen wurde. Medico international setzt sich seit vielen Jahren für rechtlich bindende und einklagbare Standards in der Textilbranche ein. Wichtig sei, dass gesetzliche Regelungen sanktionsbewehrt sein müssen, sonst sei jegliches Gesetz wirkungslos, so Seibert.

Staatsministerin Widmann-Mauz schließt gesetzliche Regelungen zwar nicht aus, verwies jedoch auf den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP), der für dieses Jahr ein Monitoring bei großen Unternehmen mit globalen Lieferketten vorsieht. Nach dem Abschluss des Monitorings will die Bundesregierung 2020 über mögliche gesetzliche Regelungen beraten. Gleichzeitig sprach sich Widmann-Mauz für europäische Regelungen in Bezug auf unternehmerische Sorgfaltspflichten aus und betonte, dass Deutschland dieses Thema auch in den Vordergrund rücken möchte, wenn es 2020 die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt.

Auch Landesbischof Cornelius-Bundschuh hob hervor, dass sich nicht nur in der Textilbranche endlich etwas ändern müsse. Er berichtete vom Engagement der Kirchen und kirchlicher Hilfsorganisationen wie Brot für die Welt, die vor allem auf eine Bewusstseinsänderung hinarbeiten. Dazu müsse man schon bei sich selbst und in den eigenen Einrichtungen anfangen und auf eine öko-faire Beschaffung setzen. Thomas Seibert stimmte zu, dass individuelles Engagement und der Konsum etwa von fairem Kaffee wichtig seien, aber das reiche bei Weitem nicht aus. Es müsse gesetzliche Regelungen geben, die es möglich machen, Verantwortliche in Konzernen vor Gericht zu stellen und die hohe Bußgelder für Unternehmen nach sich ziehen können. Eines wird an diesem Abend klar: Es muss sich noch viel ändern. Bischof Cornelius-Bundschuh rief das Publikum zum Schluss auf, im kommenden Jahr genau hinzuschauen, wie sich ein mögliches Sorgfaltspflichtengesetz entwickelt. 
Moderiert wurde die Debatte von Mirjam Hitzelberger, Mitarbeiterin in der DEAB-Geschäftstelle. 
 

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Artikel im Campus-Magazin Kupferblau