In einem Brief an Ministerpräsident Kretschmann fordert der DEAB die Landesregierung auf, den Vertrag mit den Ausrichtern der Rüstungsmesse ITEC zu kündigen, die im Mai 2018 auf der Landesmesse Stuttgart stattfinden soll.
Wir dokumentieren das Schreiben:
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
vom 15.05. bis 17.05.2018 wird auf der Landesmesse Stuttgart die Rüstungsmesse ITEC (The International Forum for the Military Simulation, Training and Education Community) stattfinden.
Die ITEC selbst wirbt auf Ihrer Website damit, dass Aussteller direkten Zugang zu militärischen Entscheidungsträger*innen bekommen und dadurch die eigenen militärischen Produkte gezielt platzieren können. Laut ITEC sind 75 Prozent der Besucher der Fachmesse Entscheidungsträger, die direkten Einfluss auf den Erwerb militärischen Materials haben. Zusätzlich beschreibt sich die ITEC als Europas führende Messe hinsichtlich militärischer Ausbildung, militärischen Trainings und militärischer Simulationen. Der Öffentlichkeit und der Presse wird die ITEC mit ihren über 120 international agierenden Ausstellern jedoch verschlossen bleiben. Kritische Berichterstattung wird damit verhindert.
Als Dachverband von über 400 entwicklungspolitischen Gruppen und Organisationen in Baden-Württemberg setzen wir uns mit zahlreichen Kooperationspartnern für globale Gerechtigkeit ein, für die Einhaltung der Menschenrechte und für eine gewaltfreie Bearbeitung von Konflikten.
Als Aussteller bei der im April 2018 stattfindenden Messe Fair Handeln, die von der Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit und der Landesmesse Stuttgart ausgerichtet wird, sind wir in hohem Maße irritiert darüber, dass die ITEC auf der Stuttgarter Messe stattfindet, die selbst einen hohen Anspruch an Nachhaltigkeit formuliert.
Berichte und Analysen über die bewaffneten Konflikte und Kriege führen uns vor Augen, dass Waffen und die dahinter stehenden Technologien entgegen den Versprechungen der Unternehmen und vieler Politiker*innen nicht in dem Maße kontrolliert werden können, wie dies wünschenswert wäre. Tatsächlich tragen diese Waffen und militärischen Technologien dazu bei, das Leid der Menschen in Krisenregionen zu verschärfen und eine konstruktive und zivile Bearbeitung von Konflikten zu verhindern.
Sie bieten mit der ITEC jener Industrie eine Plattform, die beiträgt zu Flucht und Vertreibung. Und Sie geben Staaten, die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, die Möglichkeit, sich mit neuesten Technologien zu versorgen.
Wir sehen uns hier in der Verantwortung und bitten Sie: Folgen Sie dem Kölner Beispiel und kündigen Sie den Vertrag mit den Ausrichtern der ITEC.
Die Messe steht unserer Meinung nach auch in eklatantem Widerspruch zu den Entwicklungspolitischen Leitlinien für Baden-Württemberg, die 2013 von der Landesregierung verabschiedet worden sind:
„1.2 Unser Verständnis von Entwicklungspolitik
Unsere Lebensweise und das globale Wirtschaftssystem führen zu sich verschärfenden ökonomischen, ökologischen und sozialen Krisen. Sie sind geprägt von einem nicht vertretbaren Ressourcenverbrauch, rasantem Klimawandel und ungerechten Welthandelsstrukturen. Sie vergrößern die Schere zwischen Arm und Reich und bedrohen die Lebensgrundlage vor allem in ärmeren Regionen der Welt. (…) Vor diesem Hintergrund kommt dem entwicklungspolitischen Engagement des Landes wachsende Bedeutung zu. Entwicklungspolitik bedeutet heute, weltweit die gemeinsame Verantwortung für eine ökonomisch, ökologisch und sozial tragfähige Gestaltung der Zukunft wahrzunehmen. Das erfordert sowohl politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die sich an dieser Verantwortung orientieren als auch ein entsprechendes individuelles Verhalten. Dazu gehört, alles zu unterlassen, was entwicklungsschädlich ist, und sich aktiv gegen Menschenrechtsverletzungen, kriegerische Gewalt und wirtschaftliche Notlagen einzusetzen.“
Mit freundlichen Grüßen,
im Auftrag des DEAB Vorstands
Claudia Duppel