Nachhaltigkeit hat die Landesregierung zum Grundsatz erhoben. Dies ist auch in der Bildungspolitik zu spüren: Kinder und Jugendliche sollen in Baden-Württemberg zu einem breiten nachhaltigen Handeln befähigt werden. Doch wie wird dieses Ziel umgesetzt? Diese Frage wurde auf der Herbstkonferenz des Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg, DEAB, unter dem Titel „Bildung für nachhaltige Entwicklung – wie ist der Stand der Umsetzung in Baden-Württemberg?“ am 16. November in Stuttgart von Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Ministerien und Zivilgesellschaft diskutiert.
Deutlich machte die Konferenz, dass sich sowohl Politik als auch Zivilgesellschaft mit dem Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung, BNE, intensiv auseinandersetzen. Doch: „Über die Zielrichtung sind wir uns einig, aber die vorhandenen Mittel und Kapazitäten lassen keinen Optimismus zu“, sagte Claudia Duppel, Geschäftsführerin des DEAB, mit Blick auf die Politik im Land.
Freda Marful, Vorstand DEAB, zeigte in ihrer einführenden Rede die enorme Bedeutung von Bildung für nachhaltige Entwicklung für die Menschen weltweit auf und zitierte die Agenda 2030: „Bildung für nachhaltige Entwicklung ist unverzichtbar, um weltweit Armut und Hunger zu reduzieren, Gesundheit zu verbessern und Gleichberechtigung zu ermöglichen und den Planeten zu schützen.“ Sie verwies darauf, dass der Koalitionsvertrag der Landesregierung in Baden-Württemberg eine Gesamtstrategie Bildung für nachhaltige Entwicklung vorsieht.
Ministerialdirektorin Gerda Windey, Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg, erläuterte den aktuellen Stand. Im Juni 2017 hat die Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ verabschiedet. Mit Hilfe seiner 130 Ziele und zahlreichen Handlungsempfehlungen soll dieser Aktionsplan dazu beitragen, dass Bildung für nachhaltige Entwicklung in Schulen, Hochschulen, Kindergärten, Kommunen u.a. bundesweit verankert wird. Windey betonte, dass Baden-Württemberg sich schon lange im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung engagiert und damit ein Vorbild in Deutschland sei. So wurde beispielsweise mit Einführung der neuen Lehramtsstudiengänge im Wintersemester 2015/16 für alle angehenden Lehrkräfte der Erwerb von Kompetenzen im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung verbindlich festgeschrieben. Eine Untersuchung, wie die erfolgten Maßnahmen auf die Schülerinnen und Schüler wirken, soll im Jahr 2020 abgeschlossen werden. Unterstützt wird auch der BNE-Kompass, in dem im Internet Projekte der Zivilgesellschaft passend zum Lehrplan angeboten werden. In den kommenden Monaten sollen u.a. inhaltliche Schwerpunkte festgelegt und die Einbindung zivilgesellschaftlicher Bildungspartner geklärt werden. Der Entwurf der BNE-Gesamtstrategie wird voraussichtlich im Herbst 2018 vorgelegt und soll anschließend durch den Ministerrat verabschiedet werden.
Claudia Duppel, Geschäftsführerin DEAB, sagte: „Wir alle arbeiten mit knappen Ressourcen“. Die Schulen, die Lehrer beklagten, dass sie am Rand ihrer Möglichkeiten seien, die Zivilgesellschaft arbeite mit prekären Finanzierungsmitteln. Dies passe nicht zu einem ambitionierten Aktionsplan, so Duppel. Unklar sei, wie die hehren Ankündigungen umgesetzt werden können. „Unsere vielen Initiativen haben große Mühe der Finanzierung.“ Finanzielle Unterstützung komme von den Kirchen und dem BMZ, nicht jedoch vom Kultusministerium.
Das seit langem bestehende, vielfältige zivilgesellschaftliche Engagement im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung machte Sigrid Schell-Straub, Entwicklungspädagogisches Informationszentrum, EPiZ, anhand zahlreicher Beispiele deutlich. In Kitas, Schulen, Hochschulen, in der beruflichen Bildung und im informellen Lernen werden zahlreiche Projekte umgesetzt. So lernen Kinder in Kindertagesstätten im Projekt „Faire Kita“ bereits früh, wie ein wertschätzender Umgang miteinander gelingen kann, woher unsere Waren kommen, wie Menschen in anderen Ländern leben. Dazu finden Fortbildungen statt, Multiplikatoren sind vor Ort aktiv. Zahlreiche Maßnahmen der Zivilgesellschaft gibt es auch im Bereich schulisches und außerschulisches Lernen. Beispielsweise beraten 40 Lehrer, die im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung qualifiziert wurden, die Schulen als sogenannte Global Teachers. Straub machte deutlich, dass dies angesichts der 5000 Schulen im Land ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Sie schlug vor, dass Globales Lernen stärker verankert wird. Ein Ziel sei es, an jeder Schule einen Ansprechpartner für BNE, finanziert durch das Kulturministerium, zu etablieren. Sie forderte, dass auf allen Ebenen mehr finanzielle Mittel bereitgestellt werden.
In der anschließenden Diskussion betonte Dr. Bernhard Lasotta, CDU, die große Bedeutung einer Bildung für nachhaltige Entwicklung. Sie sei wegweisend für die Gesellschaft. Im Hinblick auf die schwierige finanzielle Situation der Akteure wies er darauf hin, dass der Aktionsplan nach seiner Verabschiedung finanziell unterfüttert werde.
Andrea Schwarz, Bündnis 90/Die Grünen, betonte, dass Maßnahmen der Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Vergangenheit aus Fraktionsmitteln unterstützt wurden. Die jungen Menschen müssten zum nachhaltigen Handeln befähigt werden. Sie betonte, dass ein Umdenken auch in der Wirtschaftspolitik wichtig sei.
Das ist der DEAB
Der Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg ist das entwicklungspolitische Landesnetzwerk in Baden-Württemberg. Im DEAB sind 159 lokale Initiativen, Weltläden, Organisationen und Netzwerke zusammengeschlossen, das sind insgesamt über 400 Gruppen mit zahlreichen Mitgliedern. Ihr gemeinsames Leitbild findet sich in der Präambel zur Satzung: „Wir arbeiten dafür, dass sich viele Menschen von einer Vision weltweiter Gerechtigkeit leiten lassen und so leben, wirtschaften und Politik machen, dass Menschen in allen Teilen der Erde ein menschenwürdiges Leben haben.“
Kontakt
Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg, DEAB e.V.
Claudia Duppel, Geschäftsführerin und Koordinatorin Eine-Welt- PromotorInnenprogramm BW
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Telefon 0711-66 48 73 60, claudia.duppel @deab.de