Die Corona-Situation in Brasilien

Leider hat sich die Situation in Brasilien auch zu Beginn des neuen Jahres nicht verbessert, im Gegenteil. Die Corona bedingten Unterstützungszahlungen von umgerechnet 50.- € im Monat sind Ende Dezember ausgelaufen, die Lage ist – nicht zuletzt durch die katastrophale Politik des brasilianischen Präsidenten Bolsonaro – für viele Menschen unerträglich, die Armut nimmt erneut zu.

Aus diesem Grund möchten wir hier den Newsletter der Brasilien-Initiative und den darin enthaltenen Aufruf mit Ihnen teilen (Mehr Informationen unter www.brasilieninitiative.de ):

 

Die Kontrolle über Covid in der Region nördlich von Manaus

 

Die weltweite Solidaritätsbewegung muss ihre Augen auf die indigenen Bevölkerungen Brasiliens richten, die jetzt von Covid 19 bedroht werden.

 

Manaus ist momentan eventuell der aggressivste Fokus der Coviderkrankung in der Welt. Und in der Region im Norden von dieser Großstadt konzentrieren sich große Teile der indigenen Bevölkerung dieses Landes. Selbst hier in dieser relativ kleinen Stadt, in der ich wohne, 120 Kilometer nördlich von Manaus, vergeht kein Tag, an dem nicht von Coronatoten berichtet wird. Heute waren es zwei. Manaus ist die einzige Stadt im Bundesland, die über Betten mit Beatmungsgeräten verfügt, es ist ein völliges Chaos. Von den indianischen Völkern erhalten wir überhaupt keine Informationen mehr, auch nicht von den Waimiri-Atroari, die in unserem Munizip leben. Die Behörden, sowohl die des Bundes als auch die des Landes, betreiben weiterhin ihr Spiel der gegenseitigen Schuldzuweisung und niemand weiß, wann wirklich eine Immunisierung der Menschen stattfinden wird, wobei die der indigenen Völker besonders wichtig ist, die, wie schon die erste Covid19-Welle gezeigt hat, die verwundbarste und am stärksten von der Krankheit betroffene Bevölkerungsgruppe ist.
Angesichts dieser Lage ist es notwendig, Position zu ergreifen. Um den Schutz der Region in die Wege zu leiten, schlage ich vor, einen Blick die Landkarte mit der Region im Norden von Manaus zu werfen, und zwar in Bezug auf den Zugang zu den indigenen Bevölkerungen. Wir verfügen über drei Zugangsmöglichkeiten: den Luftweg, den Wasserweg über den Rio Negro und den Rio Branco und den Landweg über die Bundesstraße BR-174. Dieser zuletzt erwähnte Weg ist momentan der wichtigste Zugang zu den indigenen Gebieten in Roraima, wo ein Dutzend indianischer Völker beheimatet ist, die im Einflussbereich dieser Bundesstraße leben.
Deshalb schlage ich vor, dass wie eine weltweite Kampagne beginnen, um die sofortige Immunisierung der gesamten Bevölkerung entlang der BR-174 in die Wege zu leiten, wobei wir mit den Waimiri-Atroari und der Bevölkerung des Munizips Presidente Figueiredo entlang der BR-174 zwischen Manaus und Roraima anfangen. Die von dieser ersten Impfkampagne betroffene Bevölkerungsgruppe umfasst in etwa 35.000 Menschen, sodass für eine komplette Immunisierung (zweifache Dosis) 70.000 Impfdosen benötigt werden.
Durch den Wechsel in der Gemeindeverwaltung, die wir am 1. Januar dieses Jahres erlebt hier haben, gab es eine bemerkenswerte Verbesserung, was das Interesse an Gesundheitsfragen und die ernsthafte Auseinandersetzung mit ihnen in unserem Munizip betrifft. Die Bürgermeisterin, der Zweite Bürgermeister, die Sekretärin für Gesundheit und der Sekretär für Umwelt stammen alle aus dem Gesundheitsbereich und sind besorgt, was die Kontrolle der Epidemie betrifft, sei es in Bezug auf die ortsansässige Bevölkerung, sei es in Bezug auf die nationale Lage. Das steht ganz im Kontrast zu den Behörden des Bundeslandes Amazonas und des gesamten Landes.
Mein Vorschlag sieht folgendermaßen aus: Die erwähnten Behörden des Munizips, zusammen mit Verantwortungsträgern  des Bundeslandes Amazonas  und des Staates wie das REBIO-Biologisches Schutzgebiet des Rio Uatumã und die Landesuniversität von Amazonas sowie das Bundesinstitut von Amazonas arbeiten gemeinsam einen Plan für die Impfung der Bevölkerung aus und schicken ihn an die internationale Solidaritätsbewegung, damit diese so schnell wie möglich die Bereitstellung von 70.000 Dosen Impfstoff von einem Vakzinhersteller für die Impfung der Waimiri-Atroari und der Bevölkerung im Süden ihres Siedlungsgebietes in die Wege leitet. Dadurch soll verhindert werden, dass sich das Virus von Manaus aus auf die indigenen Bevölkerungen des Nordens des Landes ausdehnt.
Ich erinnere mich an die erfolgreiche Bewegung während der 70-er und 80-er Jahre, als während der Hochphase der Militärdiktatur durch die Zusammenarbeit von Dutzenden von nationalen und ausländischen Organisationen eine wahrhafte Renaissance der indigenen Völker Brasiliens in genau dem Moment erfolgte, als die Regierung sie schon für ausgestorben erklärte. Und nun ist der Moment gekommen, um eine neue Verbindung zwischen den indigenen Gemeinschaften und der nationalen und internationalen Solidaritätsbewegung herzustellen, damit die Urbevölkerung aus ihrer Marginalisierung und  Vernachlässigung herausgerissen wird.

 

Mit einer herzlichen Umarmung

Egydio Schwade, Presidente Figueiredo bei Manaus

(Übersetzung: Bernd Lobgesang)